Verkehr und Gebäude reißen Klimaziele – eine Einordnung zur heutigen PK des Umweltbundesamtes

Das Umweltbundesamt verkündete heute auch für uns ein Stück weit überraschend, dass die Klimaziele für 2030 in Reichweite rücken. Und: 2023 sinken die Emissionen um 10 % gegenüber dem Vorjahr.

Insgesamt ist der Rückgang eine Kombination aus zwei Faktoren

  • Erstens hatten wir einen starken Emissionsrückgang, der nicht auf Klimapolitik, sondern auf externe Faktoren zurückzuführen ist. So hatten wir infolge der fossilen Energiekrise, des Ukraine-Kriegs und der Coronakrise starke Produktionsrückgänge, aber auch Verhaltensänderungen bei Wirtschaft und Verbrauchern. Für 2023 geht Agora Energiewende etwa davon aus, dass nur 15 % der Emissionsrückgänge auf strukturelle Veränderungen zurückgehen. Auch Faktoren wie die milde Witterung in den letzten Jahren führen zu geringeren Energieverbräuchen. Es wird interessant, ob und inwiefern sich Emissionsrückgänge aus den letzten sehr außergewöhnlichen Jahren in Teilen in der Zukunft fortsetzen können.
  • Zweitens zeigen sich bis 2030 – und das ist positiv – die Wirkungen einer veränderten Politik. Dies insbesondere bei den Erneuerbaren, wo unter Habeck wichtige Maßnahmen ergriffen und ein lang anstehender Reformstau angegangen wurde. Auch bei Kohle sehen wir einen Rückgang, wenn auch teilweise durch einen Umschwung auf Gas und verstärkte Stromimporte. Mittelfristig wird auch das Heizungsgesetz in Kombination mit steigenden Preisen durch einen ETS II Wirkung zeigen.

Trotzdem zeigen die Zahlen auch: Langfristig und mit Blick auf die EU-Ziele erreichen wir die Klimaziele so nicht. Ohne ein Konzept beim Verkehr und weitere Maßnahmen im Gebäudesektor wird es unmöglich sein, die Emissionen insgesamt auf null zu bringen. Deshalb braucht es jetzt weiter Anstrengungen und eine ambitionierte Klimapolitik – dann und nur dann können wir es insgesamt schaffen.

Hier eine Einordnung zu den einzelnen Sektoren. Mit + gekennzeichnet Faktoren, bei denen es sich tendenziell um eine strukturelle Änderung aufgrund von Klimaprogrammen und mit – gekennzeichnet Faktoren, die eher nicht auf Klimaschutz zurückgehen.

ENERGIE

  • + Erneuerbare wachsen. 80 % EE bis 2030 rücken in Reichweite
  • + weniger Kohleverstromung
  • – geringere Nachfrage durch Wirtschaftsflaute und Verhaltensänderung aufgrund hoher Preise
  • – Stromimporte (davon 60 % EE)

INDUSTRIE

  • Produktionsrückgänge im energieintensiven Bereich. Damit es hier strukturelle Änderungen gibt, braucht es mehr EE, einen starken ETS, klimaneutrale Industriepolitik

VERKEHR

  • – bleibt Sorgenkind, reißt Klimaziele
  • – PkW-Emissionen steigen sogar an, kein Fortschritt bei E-Mobilität, leichter Rückgang nur bei Logistik
  • + Interessant: innerdeutsche Flüge gehen zurück – länger anhaltende Verhaltensänderung möglich?
  • + in den Projektionen wirken steigende Preise im ETS II ab 2027 auf die Emissionen – hier braucht es aber einen viel besseren sozialen Ausgleich und die Preise sind mit hohen Unsicherheiten behaftet

GEBÄUDE

  • + Verhaltensänderung: Energiesparen spielt weiterhin eine Rolle auch in 2023, offen wie sich das in der Zukunft verhält
  • + 2023 mehr Wärmepumpen, hoffen auf weitere Verstärkung in den Projektionen (Heizungsgesetz)
  • – alte Gaskessel wurden durch neue ersetzt. Das wirkt kurzfristig emissionsmindernd, langfristig ist das aber problematisch mit Blick auf die Klimaziele
  • – milde Witterung in 2023
  • + in den Projektionen wirken steigende Preise im ETS II ab 2027 auf die Emissionen, s.o.

Anbei finden Sie die PMs zur Veröffentlichung der heutigen Emissionsdaten und Projektionen bis 2030 vom

Und die Einordnung der Klima-Allianz-Deutschland unter folgendem Link: klima-allianz.de/presse/meldung/verkehr-und-gebaeude-reissen-klimaziele-wissings-verweigerungspolitik-muss-ein-ende-haben