Leserbrief an das Göttinger Tageblatt zum Bericht Ebergeruch vom 26.10.19
Ich weiß nicht, welcher innovativer Ansatz der Universität Göttingen in Zeiten der Diskussion des Klimawandels hier verfolgt wird. Ich kann keinen sehen. Hier wird über ein neues Forschungsprojekt berichtet, bei dem der Ebergeruch bei der Herstellung von Wurstwaren abgebaut und geschmacklich nicht mehr zu erkennen sein soll.
Sie berichten von „Fehlgeruch von kastrierten männlichen Mastschweinen“, von „geruchsbelastung“ und einem „unangenehmen Geschmack“. Sie verwenden in einem Satz Kastration und erleiden von Schmerzen mit einer „Verbesserung des Tierwohls“.
Im letzten Absatz wird die „vollständige und wertschöpfende Verwendung aller geschlachteter Tiere“ aus „ethischen“ und „ökonomischen“ Gründen gefordert.
Aus diesem Anlass arbeiten 2 Universitäten (Uni Göttingen und Giessen) sowie ein Institut aus Kulmbach (Hauptfinanzierer die Fleischindustrie?) zusammen.
Ein wirtschaftlicher Totalverlust für Landwirte wird betrauert – aber das Wohl der Tiere wird nur im Zusammenhang mit einer wertschöpfenden Ökonomie genannt. Wobei die wirtschaftliche Seite dabei immer an erster Stelle kommt.
Ich finde das Forschungsprojekt unethisch und widerlich. Dieser Bericht zeigt aber, wie über unsere Mitlebewesen wirklich gedacht und in „Fachkreisen“ gesprochen wird. Der landwirtschaftlichen Industrie geht es niemals um ein Tierwohl, nur um Maximierung des Profits. Es war interessant zu sehen, wie manche Landwirte in der letzten Woche mit ihren Traktoren so eindrucksvoll gegen „mehr Tierwohl, Umwelt- und Gewässerschutz“ demonstriert haben und dabei dem Verbraucher in der Werbung gerne die Einheit zwischen Landwirtschaft, Natur und Tieren vorgaukeln. Gleichzeitig sich selbst als Opfer sehen und gegen die Werbung von Katjes vorgehen, bei der endlich ein Hersteller in seiner Werbung die Wahrheit über die armen Milchfabriken sagt.
Der Industrie und den Menschen, die von und durch die Massentierhaltung leben, geht es nur um die „Wertschöpfende Ökonomie“. Eigentlich logisch und an sich nicht verwerflich, solange dies nicht mit Qual und Tod von Lebewesen verbunden ist. Ein anderes Ergebnis lässt der Duktus dieses Artkels nicht zu.
Von Lebewesen als „untaugliche Schlachtkörper“ zu sprechen, macht mich nicht fassungslos. Dies ist zwar eine technische, kalte und lebensfeindliche Art, sich so über das Leben und dem zu frühen Tod unserer Mitlebewesen auszulassen, aber alle Tiere sollten als „untaugliche Schlachtkörper“ gelten und eines natürlichen Todes sterben. Aber einen Eber als wirtschaftlichen Totalverlust für die Landwirte zu bezeichnen, macht mich sprachlos. Welche Verrohung der Sprache, was für eine Sünde!
Wir können unsere finanziellen und forscherischen Qualitäten an den Universitäten nicht verschwenden, sondern müssen diese in dringendere Zukunftsfragen stecken. Wie schaffen wir es, die Welternährung in den Griff zu bekommen? Wie schaffen wir es im Jahr 2050 Zehn Milliarden Menschen zu ernähren? Dies wird nur durch eine pflanzliche Ernährung funktionieren und diese können wir uns nicht mit den „Nutz“tieren teilen. Und ganz besonders ist die Frage überflüssig, ob die Wurst mit oder ohne Ebergeruch geschmacklich besser ist. Keine Wurst schmeckt wirklich gut, denn es hängt nur Leid für die Tiere und Krankheiten für uns Menschen daran. Übrigens auch an der Bio-Wurst.
© Holger Pangritz für vegan4future e.V. Regionalgruppe Göttingen, 27.10.2019
P.S. Der Artikel über den Ebergeruch ist im Göttinger Tageblatt am 26.10.2019 erschienen. Ich hoffe, dass mein Leserbrief dort auch abgedruckt wird.